Grundlagen- und angewandte Forschung zu vier Themengebieten
Gegenstand ist u.a. die Risikowahrnehmung (beispielsweise finanzieller und gesundheitlicher Risiken), ihre Diskrepanz zur Wirklichkeit und Verbindungen zur Risikofurcht. Zudem wird Risikokompetenz grundsätzlich durch die Nutzung einer neuartigen Skala unter Einbeziehung von rechnerischen Fähigkeiten, grafischem Verständnis sowie Illusionen von Risiko und Unsicherheit erforscht. Dazu wird auch eine Umfrage unter Verbrauchern in sechs europäischen Ländern durchgeführt. Die Ergebnisse dieser und aller anderen Studien im Projekt werden im Forschungsbericht am 30. Juni 2020 veröffentlicht.
Probleme des Risikos lassen sich von Problemen der Unsicherheit unterscheiden. Diese Unterscheidung folgt dem Ökonomen Frank Wright (1921), der Ambiguity in Abgrenzung von Risk beschrieb. Wirtschaftswissenschaftliche und psychologische Forschung stützen sich auf diese Abgrenzung.
Probleme des Risikos sind quantifizierbare Probleme, für die ein Set von Entscheidungsoptionen definiert werden kann. Es müssen nicht nur alle potenziellen Konsequenzen des Verfolgens der verschiedenen Entscheidungsoptionen bekannt sein, sondern auch ihre jeweilige Eintrittswahrscheinlichkeit. Sehr klare Beispiele sind Kartenspiele wie Poker, aber auch Glücksspielautomaten und Roulette. Es kann im Vorhinein errechnet werden, welche Konsequenzen wie wahrscheinlich eintreffen. Es kann eine optimale Strategie berechnet werden. Schulungen des statistischen Verständnisses können zu besseren Entscheidungen führen. Wissenschaftliche Kommunikation der Evidenz bzw. der Zahlen zum Problem des Risikos kann ebenfalls zu besseren Entscheidungen führen.
Probleme der Unsicherheit sind demgegenüber begrenzt quantifizierbare Probleme. Es sind nicht alle potenziellen Konsequenzen des Verfolgens der verschiedenen Entscheidungsoptionen bekannt. Vor allem sind nicht alle jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit bekannt. Dies betrifft Problemstellungen zukünftiger Entwicklungen und sehr komplexe Problemstellungen. Es kann im Vorhinein kaum errechnet werden, welche Konsequenzen wie wahrscheinlich eintreffen. Es kann kaum eine optimale Strategie berechnet werden, sondern das Erreichen eines Aspirationslevels (satisficing) wird als optimal angesehen. Schulungen des statistischen Verständnisses können nur eingeschränkt zu besseren Entscheidungen führen. Wissenschaftliche Kommunikation der fehlenden Evidenz bzw. der Unsicherheit hat begrenzt hilfreiche Effekte. Strategien zur Unsicherheitsreduktion müssen vermittelt werden.
Dieser Teil des Forschungsprogrammes zielt auf die Grundprinzipien der Risikokommunikation zur Förderung von informiertem Entscheiden ab, z.B. bei Kaufentscheidungen. Anerkannte Prinzipien, wie etwa die Darstellung mithilfe von absoluten Risiken und Präsentationsformaten mit natürlichen Häufigkeiten, werden untersucht und insofern möglich verbessert. Über die bekannten deskriptiven, numerischen und grafischen Formate hinaus werden auch Prinzipien der Datenvisualisierung, Interaktivität sowie der Kommunikation von Unsicherheit im Labor und im Internet erforscht. Die Forschungserkenntnisse fließen in die Entwicklung der Werkzeuge und Methoden ein.
Die Entscheidungsumgebungen von bestimmten Problemen der Unsicherheit, z.B. ob im Internet aufgefundene Angebotsinformationen für private Investoren im konkreten Einzelfall glaubwürdig sind, lassen sich nach informativen Hinweisen durchsuchen.
Dies kann mit im Projekt entwickelten Entscheidungsbäumen, die hierarchisch geordneten Checklisten ähneln, systematisch unterstützt werden. So wird sowohl das Fehlen als auch das Vorhandensein informativer Hinweise sichtbar und somit die Glaubwürdigkeit einer Information überprüfbar. Auf dieser Basis kann die problembezogene Unsicherheit reduziert werden.
Die Effektivität dieser Entscheidungsbäume wird in unterschiedlichen Entscheidungsumgebungen getestet.
Die anwendungsorientierte Forschung stellt die Effekte von Risikovisualisierungen und Entscheidungsbäumen in den Mittelpunkt: Wie verändern sich Informationssuche, Verständnis, Risikowahrnehmung, Wissenserwerb, Entscheidungsprozesse und das Verhalten bei unterschiedlichen Darstellungen von Risiken? Alle Werkzeuge werden evaluiert.