Muster Faktenbox (separiert)

Herausforderung in der Risikokommunikation

Wunsch und Ziel ist, dass der Verbraucher (bessere) Entscheidungen treffen kann. Dazu ist es hilfreich, genaue Zahlen und Fakten – die sogenannte Evidenz – zu kennen, um Optionen gegeneinander abwägen und Risiken besser einschätzen zu können. Außerdem wird der Nutzer durch die Darstellung der genauen Fallzahlen darin unterstützt, bestimmte Risiken nicht zu unter- oder zu überschätzen, und darauf aufbauend informiert entscheiden zu können. 

Warum ist es problematisch, Evidenz gegenüber Verbrauchern zu kommunizieren? 

Möchte man Risiken kommunizieren, steht man vor einer Reihe an Herausforderungen: 

  • Wie können überhaupt Eintrittswahrscheinlichkeiten vermittelt werden? 
  • Wie können sehr seltene Ereignisse so kommuniziert werden, dass sie auch als selten erkannt werden? 
  • Wie lassen sich Handlungsoptionen vergleichen, indem man die potentiellen Schäden und Nutzen berücksichtigt? 
  • Wie geht man damit um, dass viele Menschen Schwierigkeiten haben, Tabellen zu lesen und Zahlen zu vergleichen?
  • Wie erleichtert man das Lesen aus Visualisierungen, wenn man komplexe Informationen vermitteln möchte?
Welcher wissenschaftliche Lösungsansatz bietet sich an?

Verbraucherfaktenboxen. Evidenz zu den Eintrittswahrscheinlichkeiten von Konsequenzen verschiedener Entscheidungsoptionen lässt sich zum einen in tabellarischer Form (Schwartz et al., 2009) mit einfachen Häufigkeiten (falls > 1%, auch als Prozentausdrücke) vermitteln. 

Tabellarische Faktenboxen sind evidenzbasierte Präsentationsformate (McDowell et al., 2016), die mögliche Nutzen und Schäden von Optionen transparent und ausgewogen zusammenfassen. Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel aus dem Gesundheitsbereich:

Faktenbox Mammographie

 

Faktenboxen sind transparent, ausgewogen und verständlich: Sie haben sich in mehreren randomisierten kontrollierten Studien als effektives Hilfsmittel erwiesen, um das Verständnis von statistischen Daten zu erhöhen (McDowell et al., 2019) sowie das Herauslesen von Informationen und den Wissenserwerb nach einmaligem Lesen zu erleichtern (Schwartz et al., 2009).

Zur Unterstützung von Verbrauchern mit niedriger Numeracy (Cokely et al., 2012) sind jedoch Grafiken unerlässlich. Konkret lassen sich empirisch validierte Grafikformate (Garcia-Retamero & Galesic, 2010), speziell IconArrays, im Rahmen einer Faktenbox einsetzen (McDowell et al., 2019). Hierbei stellen Icon-Array-Paare die jeweiligen Konsequenzen, die sich aus der Entscheidung für eine Option ergeben, mithilfe von farbigen Punktanteilen an einer normalisierten Gruppe (z.B. je 1.000) gegenüber. Die folgende Abbildung zeigt die Icon-Array-Version zur tabellarischen Faktenbox oben:

Icon Array Mammographie

Problematisch ist jedoch das die Standards in der konkreten Umsetzung nicht als Vorlage für Verbraucher-Organisationen verfügbar waren. Im Rahmen des RisikoAtlas-Projektes wurde Abhilfe geschaffen und eine standardisierte Vorlage für Risikokommunikatoren entwickelt: die editierbare Verbraucherfaktenbox mit Icon Arrays. 

Um jedoch zu verhindern, dass Menschen komplexe Informationen in einer verdichteten Box als überfordernd erleben, bietet sich eine äquivalente Darstellung an, in der jede mögliche Konsequenz ihr eigenes IconArray-Paar erhält. Hierbei lassen sich Konsequenzen sehr gut einzeln vergleichen. Dieses Verbraucherfaktenbox-Format ist genauso gut darin, Informationen zu vermitteln wie die verschachtelte Methode. 

 

Das vorgestellte Muster kann für verschiedenste Entscheidungsprobleme des Risikos angewendet werden. Immer wenn eine Organisation Daten über Optionen gesammelt hat, die sie kontrastieren möchte, lässt sich das Muster anwenden. Wichtig ist, dass so eine Verbraucherfaktenbox nie alleine stehen kann. Sie muss stets in einen inhaltlichen Rahmen eingebunden werden, der den Kontext bietet, um die Box zu interpretieren.

Wie wird das Werkzeug verwendet?

Sie finden das Muster als Vorlage live online:

https://static.risikoatlas.de/visualisations/fact-box-editor/?lang=de.

Die Felder werden direkt im Browser gefüllt und ein PDF entsprechend generiert, welches abgespeichert und verschickt werden kann. Auch die Datendateien lassen sich exportieren bzw. entsprechend importieren.

Wichtig für die Konstruktion sind:

  • Der Titel um das Thema des Entscheidungsproblems sollte präzise beschrieben sein.
  • Faktenboxbeschreibung: Hier muss die Referenzgruppe erklärt werden, d.h. auf wen sich das Entscheidungsproblem bezieht. Hierbei ist zwingend die Gruppe zu beschreiben, mit welcher die Daten gewonnen wurden – nicht die Gruppe, die man sich als Zielgruppe vorstellt!
  • Zur Zusammenfassung der Evidenz in Form eines einzelnen Satzes zum Verhältnis von potenziellen Nutzen und Schäden: Hierbei muss auf eine Bewertung verzichtet werden, da die Faktenbox nicht für die Darstellung von Interpretationen konstruiert ist. Wenn überhaupt erforderlich, sollten Interpretationen bzw. Empfehlungen ausschließlich im Verbraucherfaktenbox-Kontext stehen, als solche kenntlich gemacht sein und von den Fakten abgegrenzt sein.
  • Einfache Gruppenlabel sind zu wählen, welche die beiden Entscheidungsoptionen unterscheidbar machen.
  • Endpunkte sind zu wählen, welche die Konsequenzen, also die potenziellen Nutzen und Schäden des Verfolgens von Entscheidungsoptionen benennen.
  • Die Zahleneingaben sind im einfachen Häufigkeitsformat formuliert (auszuwählen entweder je 100 oder je 1000);
  • Quellenangaben für die zu visualisierenden Zahlen dürfen nicht vergessen werden.
  • Das Datum der letzten Aktualisierung darf nicht vergessen werden.
Literaturempfehlungen zu den methodischen Grundlagen
  • Cokely, E. T., Galesic, M., Schulz, E., Ghazal, S., & Garcia-Retamero, R. (2012). Measuring Risk Literacy: The Berlin Numeracy Test. Judgment and Decision Making, 7(1), 25-47.
  • Garcia-Retamero, R., & Galesic, M. (2010). Who proficts from visual aids: Overcoming challenges in people's understanding of risks. Social Science & Medicine, 70(7), 1019-1025.
  • McDowell, M., Gigerenzer, G., Wegwarth, O., & Rebitschek, F. G. (2019). Effect of Tabular and Icon Fact Box Formats on Comprehension of Benefits and Harms of Prostate Cancer Screening: A Randomized Trial. Medical Decision Making, 39(1), 41-56.
  • McDowell, M., Rebitschek, F. G., Gigerenzer, G., & Wegwarth, O. (2016). A simple tool for communicating the benefits and harms of health interventions: a guide for creating a fact box. MDM Policy & Practice, 1(1), 2381468316665365.
  • Schwartz, L. M., Woloshin, S., & Welch, H. G. (2009). Using a drug facts box to communicate drug benefits and harms: two randomized trials. Annals of Internal Medicine, 150(8), 516-527.
Links zu weiteren Methoden
Muster zum Thema Nahrungsergänzung mit Vitamin E

Wofür brauche ich die Visualisierung?

Wenn Sie sich informieren möchten, ob die Einnahme von Vitamin E zur Nahrungsergänzung altersbedingte Makuladegeneration verhindert oder verzögert.

Vitamin E gegen altersbedingte Makuladegeneration Seite1

Vitamin E gegen altersbedingte Makuladegeneration Seite2

Vitamin E gegen altersbedingte Makuladegeneration Seite3

Vitamin E gegen altersbedingte Makuladegeneration Seite4

Quelle und Qualität der Daten

Die Daten stammen aus einer systematischen Übersichtsarbeit (Systematic Review) der Cochrane Library (www.cochrane-library.com).

In dieser wird festgestellt, dass 4 Studien mit knapp 55.600 Teilnehmern mit moderater oder sogar guter Evidenzqualität positive Effekte ausschließen können. Das bedeutet, dass zukünftige Studien diese Schlussfolgerungen wahrscheinlich nicht mehr verändern können.

Zur empirischen Evaluation mit Verbrauchern

Alle Forschungsergebnisse zu den Grundlagen und zur Wirksamkeit der RisikoAtlas-Werkzeuge bezüglich Kompetenzförderung, Informationssuche und Risikokommunikation werden mit dem Projekt-Forschungsbericht am 30. Juni 2020 veröffentlicht. Bei vorausgehendem Interesse sprechen Sie uns bitte direkt an (Felix Rebitschek, rebitschek@mpib-berlin.mpg.de).

Quelle:

Evans, J. R., & Lawrenson, J. G. (2017). Antioxidant vitamin and mineral supplements for preventing age‐related macular degeneration. Cochrane Database of Systematic Reviews, (7).

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